Vor mehreren Monaten veröffentlichte der World Wildlife Fund For Nature (WWF) den Living-Planet-Bericht. Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht gibt Aufschluss über die Vielfalt und Häufigkeit der Tiere in unserer Welt – mit erschreckenden Ergebnissen.
Fast könnte man meinen, dass die Pflanzenveredelung medizinischen Ursprungs ist, wenn dabei von der Transplantation eines Pflanzenteils die Rede ist. Tatsächlich wird die Hobbygärtnerin bei dieser Arbeit zu Frankenstein: Denn bildlich gesprochen «amputiert» man einen Pflanzenteil und setzt ihn einer anderen Pflanze auf. Was bei Menschen nur in der Fiktion Wirklichkeit wird, funktioniert in der Botanik mit etwas Geschick und Fachwissen seit Jahrhunderten bestens. Pflanzenveredlung hat nichts mit der Züchtung einer neuen Pflanze zu tun – vielmehr ist es eine künstliche, vegetative Vermehrungsart. Sie dient der Leistungssteigerung im Obstbau, der grösseren Blühwilligkeit bei Ziergehölzen, der Langlebigkeit sowie dem Erhalt der Sortenreinheit.
Alle Obstbäume sowie die meisten Rosen sind veredelt. Bei den Rosen dient die Wildform als Unterlage, da sie über ein kräftiges Wurzelwachstum, aber eher unscheinbare Blüten verfügt. Darauf veredelt wird eine Edelsorte, die durch ihre auffällige Blütenpracht punktet, bezüglich Wuchskraft aber nicht sonderlich brilliert.

Affinität ist Voraussetzung
Dieses Vorgehen ist auch im Obstbau hilfreich: Schwachwüchsige Unterlagen werden etwa für die Anzucht von Niederstämmen, Spindel- oder Säulenbäumen verwendet. Praktisch ist, dass sich auf einer Unterlage nach Wunsch auch unterschiedliche Sorten veredeln lassen. So wachsen an einem Baum etwa Boskoop, Gravensteiner und Glockenapfel gleichzeitig.
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Veredelung sind zwei gesunde Pflanzen, die eine «Affinität» füreinander haben, also verwandtschaftlich zusammenpassen: So können etwa Äpfel nur auf Äpfel veredelt werden, Birnen beispielsweise jedoch auch auf Quitten. Zwar funktioniert die Veredelung nur bei verholzenden Pflanzen, die Unterlage und die Edelreiser sollten jedoch erst ein- bis zweijährig sein.

Gesunde Edelreiser
Es existieren zahlreiche Formen der Veredelung, bei Obst- und Ziergehölzen wird jedoch meist das Pfropfen angewendet. Dabei wird der angespitzte Zweig des Edelreises unter die eingeschnittene Rinde der Unterlage geschoben. Dadurch ist die Wachstumsschicht beider Pflanzen verbunden, was ein Zusammenwachsen ermöglicht. Die Veredelungsstelle wird mit Bast fixiert und mit Baumwachs bestrichen, damit sie nicht austrocknet. Bei der Veredelung von Rosen bewährt sich die Okulation. Dabei wird lediglich eine ruhende Knospe des Edelreisers verwendet, die in die Rinde der Unterlage eingesetzt wird.
Es ist wichtig, bei der Veredelung sauber zu arbeiten; Messer und Hände sollten vorher – wie bei einer Operation üblich – immer desinfiziert werden. Sonst werden allenfalls Viren übertragen, die die Pflanze schädigen. Dies kann auch passieren, wenn man seine Edelreiser vom eigenen Obstbaum schneidet: Man muss damit rechnen, dass die Pflanze allenfalls durch eine Viruserkrankung verseucht ist. Es empfiehlt sich deshalb, zertifizierte Edelreiser in ausgewählten Baumschulen zu kaufen.
Helen Weiss

