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Natur

Der Braunbär im weissen Mantel

Der Braunbär im weissen Mantel

Im Laufe der Evolution, genauer gesagt, vor wahrscheinlich über 160 000 Jahren spaltete sich der Eisbär als eigene Art vom Braunbär in Kanada ab. Der Einzelgänger hat sich hervorragend an das Leben in der Arktis angepasst – das Packeis wurde zu seinem Lebensraum, der nun bedroht ist.
(Die Arktis ist eine abweisende und doch faszinierende Region. Eis, Schnee und Wasser, so weit man blickt. Sie ist ein Mittelmeer, auf dem etwa drei Meter dickes Packeis schwimmt – unvorstellbar, dass hier irgendein Lebewesen existieren kann. Während des Polarwinters sinken die Temperaturen auf bis zu minus 46 °C und die Sonne lässt sich bis Mitte März nicht blicken. Im nebelreichen, kühlen Polarsommer scheint sie bis zu 24 Stunden am Tag, selbst um Mitternacht steht sie noch über dem Horizont. Aber trotz all dieser Extreme und den eisigen Stürmen, die oft über das Land hinwegfegen, haben sich viele Tiere an diese Lebensbedingungen angepasst, darunter auch die Eisbären. Sie leben ausschliesslich an diesem nördlichsten Zipfel der Erde, am Treibeis des Nordpolarmeeres und den umgebenden arktischen Landstrichen. Doch dieser Lebensraum ist durch den Klimawandel in Gefahr, das Eis schmilzt den Eisbären förmlich unter den Tatzen weg – mit unabsehbaren Folgen. Zwar hat der Eisbär schon die eine oder andere Wärmeperiode in der Vergangenheit gut überstanden, aber gelingt es uns nicht, den jetzigen Klimawandel aufzuhalten, sieht die Überlebensquote des weissen Bären düster aus. Verschwindet das Meereis komplett, ist es unwahrscheinlich, dass die Eisbären als Art überleben.

Ein imposanter Jäger und ruheloser Wanderer

Der Eisbär ist der König der Arktis, er steht an der Spitze der Nahrungskette und ist zudem das grösste Landsäugetier in dieser rauen Region. Sein Fell erscheint gelblich oder weiss. Aber eigentlich ist es durchsichtig. Das hat seinen Grund: Durch das transparente Fell gelangen die Strahlen der Sonne direkt auf seine schwarze Haut und wärmen ihn. Indem die Eisbären wie Hunde die Zunge aus dem Maul hängen lassen und hecheln, regulieren sie ihren Wärmehaushalt. Ein Phänomen ist die Zunge allemal, denn sie ist blau. Einerseits, so vermuten die Forscher, wird die Farbe durch die vielen Blutgefässe in der Zunge hervorgerufen, andererseits glaubt man, dass sich die Farbe der Haut einfach auf der Zunge fortsetzt. Der Eisbär ist perfekt an das Überleben im Eis angepasst. Das dichte Fell und die etwa zehn Zentimeter dicke Fettschicht darunter schützen ihn hervorragend. Sein Gehör ist sehr empfindlich. Indem Eisbären auf das Eis schlagen und die Wasserreflexionen hören, finden sie optimale Ansatzpunkte für das Aufbrechen von Wasserlöchern. Dort kann der Eisbär in Ruhe auflauern und seine Beute mit den Pranken herausfischen. So ist der einzelgängerische Fleischfresser das ganze Jahr über auf Wanderschaft, auf der Suche nach seiner Lieblingsbeute, der Robbe, die er sogar in über 30 Kilometern Entfernung riechen kann.

Der Eisbär muss in einer neuen Welt bestehen

Das Packeis am Südpol schmilzt aufgrund der wärmeren Temperaturen im Frühjahr immer früher und gefriert im Herbst immer später, auch die Eisdecken werden immer dünner.
Doch genau diese Eisschollen sind der bevorzugte Lebens- und Jagdraum der Eisbären, denn darunter sowie darauf finden sie Robben. Sie bieten mit ihrer dicken Fettschicht unter der Haut eine ideale Nahrungsgrundlage für die Polarbären. Über das Jahr verteilt muss ein Eisbär mindestens 40 Robben erlegen, um genügend Fettreserven für den nahrungsarmen Winter anzulegen.
Nun müssen die Eisbären in immer kürzeren Abständen jagen, um zu überleben. Sie müssen im Wasser immer weitere Strecken zurücklegen, um an die nächste Scholle zu gelangen – dies zehrt an den Kräften, selbst wenn Eisbären hervorragende Schwimmer sind und minutenlang tauchen können.

Das neue Leben auf dem Festland am Beispiel Hudson Bay

Der Eisbär verliert sein Jagdrevier, das Packeis, in Rekordgeschwindigkeit. Für das grösste Raubtier der Arktis bedeutet das im Sommer immer längere Aufenthalte auf dem Festland, zum Beispiel an der Südküste der Hudson Bay (Kanada). Ein Teufelskreis, der gerade für trächtige Tiere ein immer grösseres Problem darstellt. Das Leben für die Bären wird zu einem riskanten Glücksspiel und inzwischen stirbt einer von fünf heranwachsenden Bären. Sie sind es noch nicht gewohnt, Festlandbewohner wie Hasen oder Murmeltiere im Landesinneren zu jagen. Da sie jedoch immer mehr gezwungen sind an Land zu leben, werden die einstmals erfolgreichsten Jäger immer öfter zum Kannibalismus gezwungen – sie fressen ihre bereits verendeten Artgenossen.

Winterruhe, Sommerschlaf und Familienglück

Die Männchen sind auch in den Wintermonaten durchgehend aktiv. Erfahrene Eisbären halten einen Art Sommerschlaf. Sie bewegen sich wie Zombies im Halbschlaf und versuchen damit, die Nahrungsknappheit während der immer längeren warmen Jahreszeit auf dem Festland zu überstehen. Das Eisbärweibchen ist in der Lage, den Beginn seiner Schwangerschaft bis zu einem halben Jahr hinauszuzögern, um sich in dieser Zeit genügend Fettreserven anfressen zu können. Trächtige Weibchen halten lediglich eine Art Winterruhe. Von Oktober bis März verbringen sie die Zeit in Höhlen. Atemfrequenz und Herzschlag werden stark heruntergefahren und die Körpertemperatur geht nur leicht zurück. Damit schützen sie ihre Jungen nach der Geburt. Nach acht Monaten Tragzeit, zwischen November und Januar, kommen die Neugeborenen taub und blind in ihrer Geburtshöhle zur Welt. Dort verbringen sie die ersten Lebensmonate, bevor sie nach dem Ende der winterlichen Schneestürme zum ersten Mal das Tageslicht erblicken. Meist besteht der Wurf aus einem bis – äusserst selten – vier Jungen. Überwiegend sind es zwei. Eisbärenjunge sind in den ersten beiden Lebensjahren völlig abhängig von der Mutter, die jedes Risiko vermeidet und ihre Jungen vehement verteidigt. Sie werden 20 Monate lang gesäugt und sind eifrige Schüler, die der fürsorglichen Mutter alles nachahmen. Erst nach drei Jahren ist die «Jagdausbildung» abgeschlossen, die jungen Bären müssen nun ihr Leben in der Arktis alleine meistern. Die Lebenserwartung von Eisbären in freier Natur wird auf 25 bis 30 Jahre geschätzt, wobei die wenigsten das 20. Lebensjahr erreichen. Nur 43 Prozent der Bären lebten während der vergangenen fünf Jahre länger als zwölf Monate.

Bedrohung von allen Seiten

Die Völker Nordasiens und Nordamerikas jagten schon immer Eisbären. Diese Jagd intensivierte sich im 20. Jahrhundert sogar. Derzeit werden jedes Jahr über 1000 Eisbären, meist ganz legal, in Kanada abgeschossen, von den Opfern der illegalen Jagd gar nicht zu sprechen. Der Handel mit Eisbärfellen floriert nach wie vor, besonders aufgrund der Hauptabnehmer China und Russland. Trotz unzähliger Versuche, den internationalen Handel mit Eisbären zu verbieten, weigert sich Kanada, den Eisbären als stark gefährdete Art einzustufen und beruft sich auf die alte Tradition der Inuit. Es ist das einzige Land, welches die Eisbärjagd und den Handel noch zu kommerziellen Zwecken erlaubt. Trophäenjäger aus Deutschland, Russland und anderen Ländern können für 40 000 Euro ganz legal einen Polarbären abschiessen. Besonders beliebt sind Tiere, die gross und stark sind. Aber ausgerechnet diese Bären sind für die Fortpflanzung und das Überleben der Art am wichtigsten.
Das Überleben der Art wird also von vielen Seiten bedroht, und ein weiterer kommt hinzu: Ebenso durch die Förderung von Erdöl und Erdgas in der Arktis wird der Lebensraum der Tiere immer weiter eingeschränkt. Forscher prognostizieren, dass bis Mitte des 21. Jahrhunderts zwei Drittel der Eisbärenpopulation ausgerottet sein könnten.

Anne Weber

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